Schutz der Gesundheit - Kühlen Kopf bewahren!

Kühlen Kopf bewahren!
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Hört nicht auf die Person, die Antworten hat, hört auf die Person, die Fragen hat.
      Albert Einstein

Schutz der Gesundheit


Stickoxyde und Gesundheitsschutz

Seit geraumer Zeit tobt der „Krieg“ um den Diesel – genauer: Um die Frage, ob Fahrzeuge mit Dieselmotoren die Umwelt durch den von ihnen verursachten Ausstoß von Stickoxyden so sehr belasten, dass zum Schutz der Gesundheit von Menschen Fahrverbote für diese Fahrzeuge erlassen werden müssen. Hintergrund ist der durch EU-Recht festgesetzte Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel, der seit 2010 verbindlich einzuhalten ist. Da dies in verschiedenen deutschen Städten bis zum Jahr 2018 noch immer nicht gelungen war, hat die EU-Kommission u.a. gegen Deutschland im Mai 2018 ein so genanntes Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, um die Einhaltung dieses Grenzwertes zu erzwingen. Die Deutsche Umwelthilfe hat daraufhin gegen die Luftreinhaltepläne deutscher Städte geklagt, in denen jeweils erhebliche Überschreitungen des erwähnten Grenzwertes zu verzeichnen waren. Die Verfahren gingen teilweise bis zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), das Fahrverbote für Dieselfahrzeuge als letztes Mittel für rechtens erklärte.

Bereits zuvor war der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft immer wieder in Frage gestellt worden. Als Argument diente insbesondere der weitaus höhere Grenzwert für Arbeitsplätze und Innenräume. Am 25. Januar 2019 kam dann Feuer in die Diskussion: Eine Gruppe von mehr als 100 Lungenfachärzten stellte in einem Positionspapier die Berechtigung des Außenluft-Grenzwertes in Frage. Selbst wenn man diese Einwände ernst nimmt, so muss doch der Hinweis erlaubt sein, dass mit dem kritisierten, vergleichsweise niedrigen Grenzwert alle Bevölkerungsteile, also auch alte und bereits von Atemwegserkrankungen betroffene Menschen sowie Kleinkinder, vor Gesundheitsschäden durch Stickoxyde geschützt werden sollen. Hinzu komme, dass Diesel-Abgase neben Stickoxyden auch Feinstaub enthielten, der ebenfalls als gesundheitsschädlich gilt, und sich beide Schadstoffe miteinader verbinden könnten. Ungeachtet dieser kritischen Stimmen zu dem Positionspapier der Lungenfachärzte griff Bundesverkehrsminister Dr. Andreas Scheuer diesen neu ins Spiel gekommenen Ball auf: er wolle bei der EU-Kommission eine Überprüfung dieser Grenzwerte anregen, verkündete er. Bereits Anfang Februar 2019 berichtete die „Zeit darüber, der EU-Umweltkommissar habe erklärt, eine Überprüfung der Grenzwerte könne eher zu deren Verschärfung denn zu ihrer Aufweichung führen. Am 13. März 2019 traf nun die Antwort auf Dr. Scheuers Initiative aus Brüssel ein offenbar mit einem vernichtenden Ergebnis: Selbst wenn man unter den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Grenzwerten bliebe, gehe die Fachwelt von negativen Folgen für die Gesundheit aus. Trotz dieser negativen Antwort aus Brüssel erklärte Dr. Scheuer, er werde weiter für eine Überprüfung der Grenzwerte kämpfen.


Meine Meinung

Oh weh, schon wieder Dr. Scheuer! Erst gestern hatte ich mit einem Artikel diese Website gestartet, in dem ich ihn an seinen Amtseid erinnerte. Und einen Tag zuvor wollte ich ihn sogar noch loben, weil er nach dem zweiten Absturz einer Maschine vom Typ Boeing 737 MAX 8 innerhalb weniger Monate noch vor einem entsprechenden Beschluss der europäischen Luftsicherheitsbehörde entschieden hatte, den deutschen Luftraum für Flugzeuge dieses Typs zu sperren. (Allerdings waren hier auch keine deutschen Interessen betroffen, weil keine deutsche Airline Flugzeuge dieses Typs fliegt; also dachte er wahrscheinlich, es sei an der Zeit, mal was für sein Image zu tun.) Und nun das! Kaum ist die deutsche Autoindustrie betroffen (sie müsste ja Anstrengungen unternehmen, um diese Grenzwerte einzuhalten und Fahrverbote nach Möglichkeit zu vermeiden), geht er auf die Barrikaden. Die Gesundheit der deutschen Bevölkerung scheint ihm ein weiteres Mal egal zu sein.

O.k., ganz so einfach ist die Sache natürlich nicht: Diesel sind zwar dreckig (dreckiger als von ihren Herstellern versprochen), aber sie stoßen andererseits weniger klimaschädliches Kohlendioxyd aus. Würde man zur Reduktion des Stickoxyd- und Feinstaubausstoßes dieser Motoren die seit langem diskutierten „Hardware“-Nachrüstungen einsetzen (deshalb überlegenswert, weil alles darauf hinweist, dass die bisher von den Herstellern angebotenen Software-Updates nicht zur Einhaltung der Grenzwerte führen können), so würde sich der Kohlendioxyd-Ausstoß dieser Fahrzeuge erhöhen was auch nicht wünschenwert ist. Elektromobilität ist auch nur scheinbar eine gute Lösung, denn für die Batterien werden Stoffe gebraucht, die nur auf die Umwelt schädigende Weise gewonnen werden können und die zudem an deren Lebensende die Umwelt wieder belasten werden. Zudem fehlt es jedenfalls derzeit sowohl an entsprechenden Autos als auch an Ladestationen. Hybrid-Fahrzeuge, die Wasserstoff-Brennstoffzellen nutzen, scheinen sich hierzulande ebenfalls nicht durchsetzen zu können. Dennoch: Wie wäre es, wenn Herr Dr. Scheuer, statt über zu hohe Grenzwerte zu jammern, die Automobil-Hersteller auffordern würde, zur Einhaltung derselben erhöhte Anstrengungen zu unternehmen und ganz nebenbei ein paar neue Arbeitsplätze zu schaffen?

Oh, jetzt habe ich etwas vergessen: Es fehlen ja Fachkräfte in Deutschland, und aus dem Ausland dürfen noch keine kommen (oder sind vielleicht gar nicht so erwünscht)! Aber ich hätte da mal eine Idee: Wie wäre es denn, einmal über ein effektiveres Bildungssystem und effektivere Schulen nachzudenken? Mir ist bewusst, dass es in Deutschland da so eine heilige Kuh gibt, die auch der von mir trotz einiger anderer Ansichten sehr verehrte Helmut Schmidt immer wieder verteidigt und als notwendig gepriesen hat: den Föderalismus; und Bildungspolitik ist Ländersache, was von diesen mit Klauen und Zähnen verteidigt wird. Aber kann sich Deutschland diese Bildungs-Kleinstaaterei heute noch leisten? Es müssen Bildungskonzepte her, und die auf dem Rücken der Kinder ausgetragenen Versuche müssen endlich wissenschaftlich evaluierten Methoden weichen (Schreiben nach Hören ohne Beachtung der Rechtschreibregeln, die dann erst später erlernt wurden, hat sicherlich vielen Kindern extrem geschadet). Und ob die angestrebte Digitalisierung der Schulen in möglichst vielen Bereichen das Allheilmittel ist, sollte auch noch intensiver als bisher diskutiert werden.

Wir sehen: Auch wenn sich viele Menschen dies wünschen mögen, gibt es für komplexe Probleme keine einfachen Lösungen. Hier ist ein Beispiel dargestellt, an dem besonders gut verdeutlicht werden kann, wie ein Rädchen ins andere greift. Wer würde schon auf Anhieb darauf kommen, dass die Diskussion rund um Stickoxyd-Ausstoß und damit verbundene Gesundheitsgefahren unversehens bei der Bildungspolitik und grundlegenden Fragen der staatlichen Ordnung landet?


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