Alter Konflikt – neue Dimension?
Ein neuer Krieg? – Versuch einer Ursachenforschung
Unter diesem Titel kann ich Ihnen heute – acht Wochen und einen Tag nach dem unvorstellbaren Gewaltausbruch vom 7. Oktober 2023 mit dem grausamen, durch nichts zu rechtfertigenden Überfall der Hamas mit (revidiert) 1.200 israelischen Todesopfern und in der Folge geschätzt 15.000 auf palästinensischer Seite durch israelische Angriffe im Gazastreifen getöteten Menschen – meinen Versuch präsentieren, die Hintergründe dieses Geschehens herauszuarbeiten und ein wenig näher zu beleuchten und einzuordnen. Diese Arbeit geht auf die aktuellen Entwicklungen nur am Rande ein, soweit sie geeignet sind, die Befunde zu unterstützen bzw. zu illustrieren. Dieser Illustration dient in besonderer Weise das Kapitel „Zwei Interviews mit kritischen jüdischen Menschen“ (ab S. 19), das ich gerne Ihrer besonderen Aufmerksamkeit empfehle.
Nach dem Abschluss meiner Arbeit möchte ich das im nachfolgenden Artikel abgegebene Statement (das nach wie vor Gültigkeit behalten soll) wie folgt ergänzen:
„Ich anerkenne die Schuld, die Deutschland durch die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes an Menschen jüdischen Glaubens auf sich geladen hat, und die hieraus ihm erwachsende Verpflichtung, für das Existenzrecht und die Sicherheit des Staates Israel und der in ihm lebenden Menschen nicht nur einzutreten, sondern auch Sorge zu tragen. Aber: Die beiden Staaten betrachten sich seit vielen Jahren als freundschaftlich miteinander verbunden, und die beiden derzeit amtierenden Staatsoberhäupter, Frank-Walter Steinmeier und Jitzchak Herzog, verbindet gar eine persönliche Freundschaft. Freundschaft bedeutet jedoch – soweit mir bekannt ist nicht nur nach meinem, sondern durchaus auch nach allgemeinem Verständnis – jedoch gerade nicht, jedes Verhalten des Freundes unwidersprochen selbst dann hinzunehmen, wenn es den eigenen (Wert‑)Vorstellungen widerspricht oder wenn man als Freund zu der Auffassung gelangt, dass es dem so Handelnden eher zu seinem Nach- als zu seinem Vorteil gereichen wird. Die erwähnte Bemerkung von Olaf Scholz während des EU-Gipfels vom 26./27. Oktober 2023, in der er sinngemäß erklärt, Israel sei ein demokratischer Staat und er habe keine Zweifel, dass die israelische Armee bei ihrem Vorgehen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte beachte, erscheint mir in diesem Zusammenhang – milde formuliert – als wenig hilfreich. Hier fühle ich mich in sehr wohltuender Weise durch die Ausführungen von Deborah Feldman in dem in dieser Arbeit auszugsweise wiedergegebenen RP-Interview unterstützt und bestätigt. Die deutsche Bundesregierung sollte sich hier vielleicht ein wenig mehr an der Regierung der USA orientieren, die immerhin als größter Unterstützer Israels weltweit gilt: nach dem erneuten Aufflammen der Kämpfe im Gazastreifen am 1. Dezember 2023 (nach einer einwöchigen Waffenruhe, während der offenbar 105 der knapp 240 am 7. Oktober von Hamas und Islamischem Dschihad verschleppten Geiseln freigekommen sind) hat deren Außenminister Anthony Blinken immerhin aufgerufen dafür Sorge zu tragen, dass die Zahl der zivilen Opfer bei den neuerlichen Kampfhandlungen deutlich gegenüber der reduziert werde, die bei den vor der Waffenruhe stattgefundenen zu beklagen waren.
Bei aller in dieser Arbeit deutlich gewordenen Kritik an den verschiedenen Regierungen Israels muss aber auch betont werden, dass diese Kritik niemals Anlass für wie auch immer geartete Angriffe auf Menschen jüdischen Glaubens sein darf. Umgekehrt dürfen auch Menschen palästinensischer Herkunft nicht pauschal für die verbrecherischen Taten der Hamas und anderer in der Region aktiver Gruppen verantwortlich gemacht werden, die das Existenzrecht Israels bestreiten. Wer sich auf deutschem Boden aufhält, muss die deutschen Gesetze einhalten, um auch die mit ihnen verbundenen Rechte genießen zu dürfen. Der im Nahen Osten wütende und seit dem 7. Oktober 2023 noch einmal in schrecklicher Weise eskalierte Konflikt stellt für sich bereits eine erhebliche Gefährdung des Weltfriedens dar; er darf nicht zum Anlass genommen werden, die politische Stabilität auch in anderen Teilen der Welt zu gefährden. Wer dies in Deutschland versucht, sollte mit allen dort juristisch zur Verfügung stehenden Mitteln zur Verantwortung gezogen werden; andererseits dürfen nur befürchtete Verstöße gegen deutsche Gesetze nicht als Vorwand dafür dienen, etwa Demonstrationen für die Rechte und gegen die massive Gewaltanwendung gegen die palästinensische Bevölkerung in Gaza und den von Israel besetzten Gebieten bereits im Vorfeld zu verbieten.“ (Dieses Statement ist eine wörtliche Übernahme aus der vorgelegten Arbeit; Sie finden den Text dort auf S. 25 f.)
Wichtiges Statement
Vor genau drei Wochen, am 7. Oktober 2023, hat die Terrororganisation Hamas ihren blutigen Überfall auf Israel gestartet, den ich im nachfolgenden Artikel – mit zugegeben sehr dürren Worten – beschrieben habe. Die Ereignisse der zu Ende gehenden Woche (wir schreiben den 28.10.2023) veranlassen mich, über das von mir am 12.10.2023 auf der Startseite dieses Webauftritts abgegebene Statement hinauszugehen und wie folgt Stellung zu diesem Konflikt zu beziehen:
Der blutige, im nachfolgenden Artikel nur unzureichend beschriebene Angriff der Hamas auf an diesem Jahrzehnte alten Konflikt völlig unschuldige Bürger Israels und anderer Länder (unter den in den Gazastreifen verschleppten Geiseln sollen sich auch Bürger anderer Staaten [auch Deutsche] befinden) erfüllt mich mit Abscheu und erschüttert mich zutiefst. Ein solcher Angriff ist Terror in seinem eigentlichen, urtümlichsten Sinne und die in seinem Rahmen begangenen Taten durch nichts zu rechtfertigen. Da die Hamas erklärterweise das Ziel hat, den Staat Israel zu vernichten, muss ein solcher Angriff als Angriff auf das Existenzrecht Israels angesehen werden, womit Israel ohne Zweifel das Recht (und im Sinne der Garantie der Sicherheit seiner Bürger auch die Pflicht) hat, sich gegen ihn zu verteidigen. Dessen ungeachtet hat der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, mit seiner in der Rede anlässlich der Sitzung des UN-Sicherheitsrats vom 24.10.2023 enthaltenen Bemerkung recht, dieser Angriff der Hamas habe „nicht im luftleeren Raum“ stattgefunden (weitere Einzelheiten zu dieser Rede und ihren [unmittelbaren] Folgen finden Sie in einem Beitrag des ZDF). In meiner noch zu veröffentlichenden Ausarbeitung (vgl. den nachfolgenden Artikel) komme ich zu Ergebnissen, die man in der Summe durchaus so oder ähnlich formulieren könnte.
Die Reaktion des israelischen UN-Botschafters, Guterres wegen dieser Äußerungen zum Rücktritt aufzufordern, sowie die seiner Regierung, Mitarbeiter*innen der Vereinten Nationen bis auf Weiteres keine Visa mehr erteilen zu wollen, mag emotional und aus der Sicht und Position Israels möglicherweise verständlich gewesen sein; für klug habe ich sie von Anfang an nicht gehalten. Mir kam sofort der Gedanke, eine solche Reaktion könne bestens geeignet sein, antisemitische Hetze und Verschwörungstheorien anzuheizen. Diese Befürchtungen haben sich nun bestätigt: Am Freitag, dem 27. Oktober 2023, postete Fridays for Future international auf Instagram absolut Verstörendes. Es wird behauptet, die weltweiten Medien seien „von imperialistischen Regierungen finanziert, die hinter Israel stehen“, Israel wird als ein „Apartheid-System“ dargestellt, In anderen Meldungen ist davon die Rede, Israel werde ein geplanter „Genozid“ vorgeworfen. Die Gräueltaten der Hamas seien in dem Post nicht erwähnt. – Zwar weisen die Berichte über diesen Post auch darauf hin, dass Fridays for Future international bereits unmittelbar nach dem Überfall der Hamas durch pro-palästinensische Solidaritätsbekundungen aufgefallen sei; dennoch ist der zeitliche Zusammenhang zwischen den zuvor beschriebenen Vorgängen um António Guterres und diesem Post der Klimaschutzbewegung durchaus auffällig.
Ich lege Wert auf die folgenden Feststellungen: Israel ist am 7. Oktober 2023 angegriffen worden; daher hat es das Recht, sich gegen diesen Angriff zu verteidigen. Allerdings hat es dabei die Regeln des so genannten humanitären Völkerrechts zu beachten. Diese Regeln schließen nicht aus, dass es bei den Verteidigungsmaßnahmen zivile (Todes-)Opfer gibt; allerdings hat der sich verteidigende Staat dafür Sorge zu tragen, dass die Zahl dieser Opfer so gering wie möglich bleibt. Da Israel die Bewohner des nördlichen Gazastreifens aufgefordert hat, dieses Gebiet zu verlassen, ist es insofern seinen Verpflichtungen nachgekommen. Zu bemerken ist allerdings, dass in mindestens zwei Fällen auch der südliche Gazastreifen (das Flüchtlingslager Chan Junis) bombardiert wurde, nachdem die Menschen aus dem Norden dorthin geflüchtet waren. Eindeutig nicht mit dem humanitären Völkerrecht vereinbar ist dagegen die vollständige Abriegelung des Gazastreifens mit der kompletten Einstellung der Versorgungslieferungen für die Bevölkerung; die derzeit erlaubten Hilfslieferungen vermögen den Bedarf der dort lebenden Menschen nur äußerst unzureichend zu decken (an der beschriebenen Frequenz der Lieferungen hat sich seither kaum etwas geändert). António Guterres danke ich für seine klaren und mutigen Worte und begrüße ausdrücklich, dass die deutsche Bundesregierung ihm unmittelbar nach diesen Vorgängen ihr Vertrauen ausgesprochen hat. Israel hat in der Vergangenheit wieder und wieder Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen und Beschlüsse des Weltsicherheitsrates, die es zur Einhaltung des Völkerrechts und zur Anerkennung seiner Verpflichtungen aus von ihm selbst ratifizierten internationalen Abkommen mahnten, folgenlos ignoriert.
Selbst wenn es notwendig erscheint, das Vorgehen Israels in diesem Konflikt in bestimmten Dingen zu kritisieren: Angriffe auf Menschen jüdischen Glaubens und/oder Einrichtungen oder Gegenstände (einschließlich der Häuser, in denen diese Menschen wohnen), die diesen Menschen zuzuordnen sind, sind nicht zu tolerieren! Dies betrifft alle Arten von Angriffen, auch verbale. Die Posts von Fridays for Future international sind abscheulich und nicht zu tolerieren. Es ist gut, dass sich die deutsche Sektion dieser Bewegung eindeutig hiervon distanziert hat. Forderungen, sie müsse diese Distanzierung auch durch eine Änderung ihres Namens deutlich machen, halte ich zumindest derzeit für überzogen. Freiheit für die Bewohner Palästinas zu fordern, muss erlaubt sein; diese Forderungen dürfen jedoch nicht in Israelfeindlichkeit ausarten. Die deutschen Behörden sollten mit Demonstrationsverboten behutsam umgehen; Verstöße gegen Auflagen für genehmigte Demonstrationen sollten mit aller gebotenen Härte verfolgt werden.
Ein neuer Krieg im Nahen Osten?
Am 7. Oktober 2023 führte die Terrororganisation Hamas vom Gazastreifen aus einen unvorstellbar grausamen Angriff auf Israel aus. Kommandos führten in den dem Gazastreifen benachbarten Gebieten Überfälle auf dort gelegene Kibbuzim, Ortschaften und mindestens ein gerade stattfindendes Musikfestival durch, verübten in vielen Fällen Massaker an der Zivilbevölkerung, bei denen auch Frauen, alte Menschen und Kinder nicht verschont wurden, und verschleppten hunderte Menschen – sowohl Soldaten als auch Zivilisten – als Geiseln in den Gazastreifen (ihre Zahl wurde zuletzt [am 25.10.2023] von israelischer Seite mit 229 angegeben. Zudem wurde ganz Israel vom Gazastreifen aus mit Raketen angegriffen; dieser Raketenbeschuss dauert auch drei Wochen später noch fort. Israel hat als Antwort auf diesen Angriff den Gazastreifen komplett von allen Versorgungswegen abgeschnitten, bombardiert unablässig Ziele insbesondere im Norden des Gazastreifens, nachdem es die dortigen Bewohner – immerhin mehr als eine Million Menschen – zur Flucht in den Süden des Gebietes aufgerufen hatte, und wird seit einigen Tagen auch verstärkt mit Bodentruppen im Norden des Gazastreifens aktiv. Diese Grausamkeiten haben nach einer Aufstellung des Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) bis zum 26. Oktober 2023 1.400 Israelis und fast 7.000 Palästinenser das Leben gekostet.
Bereits am 7. Oktober 2023 hatte ich damit begonnen, mich mit den Ursachen und Hintergründen dieser Ereignisse auseinanderzusetzen, um eine fundierte Position zu den Vorgängen beziehen zu können. Vordringlichere Aufgaben sowie gesundheitliche Probleme haben mich bisher an der Fertigstellung dieser Ausarbeitung gehindert. Aktuelle Entwicklungen haben mich bewogen, diese neue Seite meines Angebots bereits vor dieser Fertigstellung aufzusetzen und mit dem diesem Artikel vorangestellten obigen Statement zu eröffnen. Meine Ausarbeitung werde ich an dieser Stelle veröffentlichen, sobald sie fertiggestellt ist.
Anmerkung: Das Fragezeichen in der Überschrift ist ein kleiner Vorgriff auf meine Ausarbeitung; es soll verdeutlichen, dass es sich bei den aktuellen Geschehnissen zwar um einen neuen, in seiner Qualität noch nie dagewesenen Gewaltausbruch handelt, dieser Gewaltausbruch – so schrecklich er auch ist – jedoch im Grunde als Fortsetzung (vielleicht auch als neue Ausprägung) eines Konflikts begriffen werden muss, der seit der Gründung des Staates Israel am 14. Mai 1948 andauert.
zurück zur Übersicht